Der Bettler und der König

Der Bettler und der König

Rabindranath Tagore

Ich ging als Bettler von Tür zu Türe am Dorfweg. Da erschien in der Ferne dein

goldner Wagen, wie schimmernder Traum, und ich wunderte mich, wer dieser

König der Könige sei.

Meine Hoffnung stieg hoch, und mir deuchten die schlimmen Tage vorbei, ich

stand Almosen erwartend, die ungebeten verschenkt, und Reichtum, rings in

den Staub geschüttet.

Der Wagen hielt, wo ich stand. Dein Blick fiel auf mich, du stiegst nieder mit

Lächeln. Ich fühlte, das Glück meines Lebens sei endlich gekommen. Da

plötzlich strecktest du deine Rechte aus und sprachst: »Was hast du mir zu

geben?«

O welch ein Königsscherz wars, die Hand zu öffnen, dem Bettler zu betteln!

Ich war verwirrt, stand unentschlossen, und aus dem Quersack nahm ich

langsam das kleinste Korn und gab es dir.

Doch wie groß mein Erstaunen, als am Ende des Tages den Sack ich geleert

auf dem Boden, zuletzt ein kleines Korn von Gold unter dem armen Haufen

zu finden. Und bitterlich weint ich und wünschte, ich hätte das Herz gehabt,

dir mein Alles zu geben.

(Rabindranath Tagore)