Kodex des Hammurabi, eins der ältesten Gesetzbücher der Welt

Hammurabi, der schützende König bin ich. Den Menschen entzog ich mich nicht, war nicht säumig, eine Wohnstätte des Friedens verschaffte ich ihnen. Steile Engen erschloss ich, Licht liess ich erstrahlen über sie. Mit mächtiger Waffe, mit Scharfblick, mit Weisheit habe ich die Feinde oben und unten ausgerottet, die Erde unterworfen, dem Lande Wohlbefinden geschaffen, die Einwohner der Wohnsitze in Sicherheit wohnen lassen, einen Unruhestifter nicht geduldet. Die grossen Götter haben mich berufen, ich bin der heilbringende Hirte, dessen Stab gerade ist, der gute Schatten, der über meine Stadt ausgebreitet ist. Dass der Starke dem Schwachen nicht schade, um Witwen und Waisen zu sichern, um das Recht des Landes zu sprechen, die Streitfragen zu entscheiden, die Schäden zu heilen, darum habe ich meine kostbaren Worte auf meinen Denkstein geschrieben, vor meinem Bildnisse, als dem des Königs der Gerechtigkeit, aufgestellt.

Für später, ewig und immerdar:

Der König, der im Lande ist, soll die Worte der Gerechtigkeit, die ich auf meinen Gedenkstein geschrieben, beobachten, die Entscheidungen, die ich verfügt habe, soll er nicht ändern, mein Denkmal nicht beschädigen.

Hammurabi, der König der Gerechtigkeit, bin ich.

  • Wenn jemand einem andern Zauberei vorwirft, es aber nicht beweisen kann, soll derjenige, dem die Zauberei vorgeworfen worden ist, zum Fluss gehen und in diesen Fluss hineinspringen. Wenn der Fluss ihn ergreift, so soll der, der ihn bezichtigt hat, sein Haus in Besitz nehmen.
  • Wenn aber der Fluss jenen als unschuldig erweist und dieser unversehrt bleibt, so soll der, welcher ihn die Zauberei vorgeworfen hat, getötet werden und derjenige, welcher in den Fluss gesprungen ist, das Haus seines Bezichtigers in Besitz nehmen.
  • Wenn jemand bei einem Prozesse als Belastungszeuge auftritt und das, was er gesagt hat, nicht beweist: Wenn es ein Prozess ums Leben ist, darin soll jener getötet werden. Wenn er zu Zeugnis um Getreide und Geld auftritt, so soll er die Strafe, die der Prozess ergibt, erleiden.
  • Wenn ein Richter einen Prozess leitet und eine Entscheidung fällt und das Urteil schriftlich ausfertigt: Wenn später sich sein Prozess als fehlerhaft erweist und jener Richter der unrichtigen Leitung des Prozesses überführt wird, dann soll er die Anfechtungsstrafe, die in jenem Prozesse festgesetzt war, zwölffach geben, und öffentlich soll man ihn von seinem Richterstuhle stossen; er soll nicht zurückkehren, um mit einemRichter wieder in einem Prozesse zu sitzen.
  • Wenn jemand Besitz von Gott oder Hof stiehlt, so soll er getötet wer­den; auch wer das Gestohlene von ihm angenommen hat, soll getötet werden.
  • Wenn jemand ein Rind oder ein Schaf oder einen Esel oder ein Schwein oder ein Schiff stiehlt: Wenn es dem Gotte oder dem Hofe gehört, so soll er es dreissigfach ersetzen; wenn es einem Freigelassenen gehört, so soll er es zehnfach geben; wenn der Dieb nichts zu geben hat, so soll er getötet werden.
  • Wenn jemand den unerwachsenen Sohn eines andern stiehlt, so wird er getötet.
  • Wenn jemand einen Sklaven des Hofes oder einen Sklaven eines Freigelassenen durch das Stadttor hinausbringt, der soll getötet werden.
  • Wenn jemand einen davongelaufenen Sklaven oder eine ebensolche Sklavin des Hofes oder eines Freigelassenen in seinem Hause aufnimmt und auf öffentliche Ausrufung des Gutsverwalters nicht herausbringt, so soll der Hausherr getötet werden.  
  • Wenn jemand in ein Haus ein Loch einbricht, so soll man ihn vor jenem Loche töten und einscharren.
  • Wenn jemand Raub begeht und ergriffen wird, so wird er getötet. Wenn der Räuber nicht ergriffen wird, so soll der Beraubte alles, was ihm geraubt ist, vor Gott beanspruchen; dann sollen die Ortschaft und der Dorfvorsteher, auf deren Grund und Boden die Waren gestohlen worden sind, das geraubte Gut erstatten, soviel abhanden gekommen ist.
  • Wenn in jemandes Hause Feuer ausbricht und jemand, der zu löschen kommt, auf das Eigentum des Hausherrn sein Auge wirft, das Eigentum des Hausherrn nimmt, so soll er in dasselbe Feuer geworfen werden.  <![endif]>
  • Wenn jemand ein Feld zur Bestellung übernimmt und auf dem Feld kein Getreide erzielt, dann soll man ihn überführen, dass er auf dem Felde keine Arbeit getan hat, und er soll Getreide, wie es beim Nachbar ist, dem Besitzer des Feldes liefern. Wenn jemand ein wüst liegendes Feld zur Urbarmachung innerhalb dreier Jahre übernimmt, aber faul ist, das Feld nicht urbar macht, so soll er im vierten Jahr das Feld hacken, eggen und bestellen und dem Besitzer zurück. geben, und er soll für zehn Gan zehn Gur Getreide messen.  <![endif]>
  • Wenn jemand sein Feld für Ertragsabgabe zur Bestellung gibt und die Ertragsabgabe seines Feldes erhält, dann aber ein Unwetter eintritt und die Ernte vernichtet, so trifft der Schaden den Besteller. Wenn jemand eine verzinsbare Schuld hat und ein Unwetter sein Feld verwüstet oder die Ernte vernichtet oder wegen Wassermangels Getreide auf dem Felde nicht wächst, so soll er in diesem Jahre dem Gläubiger kein Getreide geben, seine Schuldtafel aufweichen und Zinsen für dieses Jahr nicht zahlen.
  • Wenn jemand seinen Damm instand zu halten zu faul ist und ihn nicht imstande hält: Wenn dann in seinem Damm ein Riss entsteht und die Feldflur vom Wasser überschwemmt wird, so soll derjenige, in dessen Damm der Riss entstanden ist, das Getreide, das er zugrunde gerichtet hat, ersetzen. Wenn er das Getreide nicht zu ersetzen vermag, so soll man ihn und seine Habe für Geld verkaufen, und die Bauern, deren Getreide das Wasser über. schwemmt hat, sollen den Erlös teilen.
  • Wenn im Haus einer Schenkwirtin Verschwörer sich vereinigen und diese Verschwörer nicht festgenommen und an den Hof abgeliefert werden, so soll die Schenkwirtin getötet werden.
  • Wenn jemand eine Ehefrau nimmt, aber keinen Vertrag mit ihr abschliesst, so ist dieses Weib nicht seine Ehefrau.
  • Wenn jemand ein Kind als Sohn annimmt und grosszieht, so soll dieser Grossgezogene nicht zurückverlangt werden können.
  • Wenn ein Sohn seinen Vater schlägt, soll man ihm die Hände abhauen.
  • Wenn jemand einem andern das Auge zerstört, so soll man ihm sein Auge zerstören. Wenn er einem andern einen Knochen zerbricht, so soll man ihm einen Knochen zerbrechen. Wenn jemand die Zähne eines andern von seinesgleichen ausschlägt, soll man ihm seine Zähne ebenfalls ausschlagen. Wenn jemandes Sklave die Backe eines Freien schlägt, soll man ihm sein Ohr abschneiden.
  • Wenn jemand einen andern im Streite schlägt und ihm eine Wunde beibringt, so soll er schwören: «Mit Wissenhabe ich ihn nicht geschlagen», und den Arzt bezahlen.
  • Wenn ein Arzt jemandem eine schwere Wunde mit dem Operationsmesser macht und ihn heilt, oder wenn er jemandem eine Geschwulst mit dem Operationsmesser öffnet und das Auge erhalten bleibt, so soll er zehn Sekel Silber erhalten. Wenn es ein Freigelassener war, erhält er fünf Sekel. Wenn es jemandes Sklave war, so soll dessen Eigentümer dem Arzte zwei Sekel geben.
  • Wenn ein Arzt jemandem eine schwere Wunde mit dem Operationsmesser macht und ihn tötet oder jemandem eine Höhlung mit dem Operationsmesser öffnet und ihm das Auge zerstört, so soll man ihm die Hände abhauen. Wenn der Arzt einem Sklaven eines Freigelassenen mit dem Operationsmesser eine schwere Wunde beibringt und ihn tötet, soll er ihn durch einen andern Sklaven ersetzen; zerstört er ihm das Auge, so soll er seinen halben Preis bezahlen.
  • Wenn der Arzt der Rinder oder Esel einem Rind oder Esel eine schwere Wunde beibringt und das Tier heilt, so soll der Eigentümer dem Arzt einen Sechstelsekel als Lohn geben. Wird das Tier getötet, soll der Arzt dem Eigentümer ein Viertel seines Preises geben.
  • Wenn der Baumeister für jemanden ein Haus baut und es nicht fest ausführt und das Haus, das er gebaut hat, einstürzt und den Eigentümer totschlägt, so soll jener Baumeister getötet werden. Wenn es den Sohn des Eigentümers totschlägt, so soll der Sohn jenes Baumeisters getötet werden. Wenn es Sklaven des Eigentümers erschlägt, so soll der Baumeister Sklaven für Sklaven geben.
  • Wenn im Stalle ein Schlag von Gott sich ereignet oder ein Löwe Vieh tötet, so soll der Hirte vor Gott sich reinigen und das im Stall Umgekommene dem Eigentümer stellen. Wenn hingegen der Hirt etwas versieht und im Stalle ein Schaden entsteht, so soll der Hirt den Schaden an Rindern und Kleinvieh ersetzen und dem Eigentümer geben."